???? Grenzüberschreitende Zusammenarbeit bedeutet das Bohren dicker Bretter
Auftaktveranstaltung der Arbeitsgruppe „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Kinder- und Jugendmedizin“
Passau/Schärding/Rohrbach. Gerade in Grenzregionen wachsen die Städte und Gemeinden oft funktional immer mehr zusammen. „Passauer arbeiten in Oberösterreich und anders herum. Wir kaufen hier und dort ein, leben dies- und jenseits der Landesgrenzen – in vielen Fällen können gar keine klaren Grenzen mehr gezogen werden“, ist Prof. Dr. Matthias Keller, Ärztlicher Direktor der Kinderklinik Dritter Orden Passau überzeugt. So sollte auch was Gesundheitsleistungen angehe, vorrangig die heimatnahe medizinische Versorgung an sich im Fokus stehen, unabhängig von Landesgrenzen, vielmehr im Sinne einer besten Versorgung von Behandlung von Familien und ihren kranken Kindern.
In diesem Zusammenhang hat der Mediziner die Arbeitsgruppe „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Kinder- und Jugendmedizin“ mit Vertretern aus dem Klinikum Schärding, dem Klinikum Rohrbach, der „kokon – Reha für junge Menschen“ sowie der EUREGIO ‚Bayerischer Wald – Böhmerwald – Unterer Inn‘ ins Leben gerufen – mit dem Ziel eine Bedarfsplanung der Zukunft aufs Papier zu bringen und den allumfassenden Herausforderungen in der Kindermedizin, wie Ärztemangel oder den Aufbau einer nachhaltigen Versorgungsstruktur, gemeinsam und grenzüberschreitend entgegenzutreten. „Wir alle müssen unserem Versorgungsauftrag nachkommen – der steht an erster Stelle. Warum nicht in Kooperation?“, wirft Keller die Frage in den Raum.
Zusammenarbeit Kinderklinik – Klinikum Schärding immer noch einzigartig und absolutes Novum
Bereits im Jahr 2012 ist die Kinderabteilung im Klinikum Schärding geschlossen worden – „wir haben damals schnell und unkonventionell eine Vereinbarung unterzeichnet, die eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit hier zulässt“, betont Keller. So übernimmt Personal der Kinderklinik Dritter Orden Passau Neugeborenen-Notfälle im Bezirk Schärding, ebenso die Vorsorgeuntersuchung von Kindern. Weiter wurde erwirkt, dass Kinder aus dem Bezirk Schärding ohne vorherige Genehmigung in der Kinderklinik Passau stationär aufgenommen und versorgt werden können. „Das war und ist ein absolutes Novum und die Zusammenarbeit funktioniert besser denn je“, bestätigen sowohl Prof. Keller als auch der Kollege Prim. Dr. Thomas Meindl, Ärztlicher Direktor am Klinikum Schärding.
Auch das Klinikum Rohrbach sowie die Kinder-Reha Rohrbach-Berg GmbH im oberösterreichischen Mühlviertel sehen in einer Kooperation mit der Kinderklinik Dritter Orden Passau einen absoluten Mehrwert. „Wir haben alle ähnliche Probleme und Bedarfe, wie die Nachwuchsgewinnung oder auch Ärzteausbildung – alles vor dem Hintergrund des Versorgungsauftrags“, betont auch Dr. Pia Neundlinger, Leitende Oberärztin am Klinikum Rohrbach. Allerdings gebe es derzeit erhebliche Barrieren, wenn es darum geht in Österreich tätig werden zu wollen: Anerkennung, Sozialversicherungsstatus, lange Bearbeitungszeit was die Registrierung in die österreichische Ärzteliste angehe, und vieles mehr. „Alles Probleme, die man doch gemeinsam angehen kann. Es gilt die Funktion wieder über die Struktur zu stellen und nicht unsere Arbeit den gegeben Strukturen anzupassen“, ist Keller überzeugt.
Arbeitsgruppenübergreifend sehe man bereits im Rahmen der Auftaktveranstaltung Lösungsansätze im Erhalt und der Weiterführung von Erfolgsmodellen, in der Erarbeitung neuer Konzepte, wie beispielsweise länderübergreifenden Stipendienmodellen zur Personalakquise. „Wir müssen die Kliniken im ländlichen Raum, ob Niederbayern oder Oberösterreich, zu einer Marke machen und Kindergesundheit im Verbund attraktiv gestalten“, so der abschließende Tenor nach dem ersten Treffen.
Hochmotiviert und voller Tatendrang sind die Gesprächspartner nun zurück in ihre Kliniken gegangen – über Neuigkeiten halten wir Sie auf dem Laufenden.
Foto (Stefanie Starke): Auftaktveranstaltung „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Kinder- und Jugendmedizin“ – (v.l.) Prof. Dr. Matthias Keller, Prim. Dr. Thomas Meindl (Ärztlicher Direktor, Klinikum Schärding), Dana Biskup (stellv. Geschäftsführerin der EUREGIO), Prim. Dr. Peter Stumpner (stellv. Ärztlicher Direktor, Klinikum Rohrbach), Prim. PD Dr. Evelyn Lechner (Ärztliche Direktorin, „kokon – Reha für junge Menschen“) und Dr. Pia Neundlinger (Leitende Oberärztin, Klinikum Rohrbach).